15.02.2001© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Februar 2001, Seite 80

Vertragssicherheit: Welche Unterschrift auf dem Ausbildungsvertrag?

Der in Heft 9/2000 auf den Seiten 32 und 33 der FAHRSCHULE erschienene Beitrag “Tanz auf dünnem Eis” von Dr. Peter Horndasch hat einige unserer Mitglieder verunsichert. Beim Abschluss von Ausbildungsverträgen mit Minderjährigen, so resümierte der Verfasser, sei es am sinnvollsten, die Eltern einen gesonderten Vertrag unterschreiben zu lassen statt sich mit Einverständniserklärungen zu begnügen.

 

In der Folgezeit haben Mitglieder mehrfach angefragt, ob Formulare für solche „Eltern-Verträge“ beim Verband bezogen werden könnten. Die Redaktion hat daraufhin mit unserem Syndikus, Rechtsanwalt Dr. Aull, Stuttgart, ein klärendes Gespräch zur Rechtslage geführt.

 

FahrSchulPraxis: Kann ein Minderjähriger einen Ausbildungsvertrag mit einer Fahrschule abschließen?

 

Dr. Aull: Selbstverständlich. Allerdings wird ein solcher Vertrag schwebend unwirksam bleiben, solange er nicht von den Erziehungsberechtigten genehmigt wurde.

 

FahrSchulPraxis: Ist die Unterschrift der Erziehungsberechtigten in jedem Fall zwingend nötig?

 

Dr. Aull: Nein, wenn die Ausbildung erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres, also nach Eintritt der Volljährigkeit, beendet wird, ist der Vertrag von Anfang an als geheilt anzusehen, also rechtswirksam.

 

FahrSchulPraxis: Das heißt also, wenn die Unterschrift der Erziehungsberechtigten fehlt, sollte die Fahrschule mit der praktischen Prüfung auf jeden Fall bis nach dem 18. Geburtstag warten?

 

Dr. Aull: Es wäre in diesem Fall empfehlenswert, nicht nur die Prüfung auf die Zeit nach dem 18. Geburtstag zu legen, sondern zusätzlich auch noch ein oder zwei Fahrstunden nach dem Geburtstag zu fahren, damit sich die Fahrschule auf eine sog. konkludente, also stillschweigende Genehmigung des Vertrags berufen kann.

 

FahrSchulPraxis: Genügt es, wenn der Ausbildungsvertrag nur von einem Elternteil unterschrieben ist, oder müssen immer beide Erziehungsberechtigte unterschreiben?

 

Dr. Aull: Nach § 1629 BGB wird ein Minderjähriger durch die Erziehungsberechtigten, das sind normalerweise die Eltern, gemeinschaftlich vertreten. Dies bedeutet, dass die „Einverständniserklärung“ grundsätzlich von beiden Elternteilen zu unterschreiben ist.

 

FahrSchulPraxis: Muss ein Fahrlehrer zu seinem 16-jährigen Kunden, der den Ausbildungsvertrag nur vom Vater unterschrieben zurückbringt, sagen: „Das reicht nicht, da muss auch noch die Mutter unterschreiben, sonst kann ich dich nicht ausbilden?“

 

Dr. Aull: Natürlich nicht. Ein Elternteil kann nämlich den anderen Elternteil bevollmächtigen, auch für ihn das Einverständnis mit dem Vertrag zu erklären. Dies kann ausdrücklich geschehen oder sich nach den Umständen aus einer Anscheins- und Duldungsvollmacht ergeben.

 

FahrSchulPraxis: Was bedeutet Anscheins- und Duldungsvollmacht?

 

Dr. Aull: Das bedeutet, dass der Fahrlehrer aus der Unterschrift des einen Erziehungsberechtigten, hier des Vaters, auch auf das Einverständnis der Mutter schließen darf. Das gilt zumindest bei intakten Ehen.

 

FahrSchulPraxis: Der Fahrschule ist aber sicher in den meisten Fällen nicht bekannt, ob ihr Kunde in einer intakten Familie lebt oder ob der Elternteil, der unterschrieben hat, vielleicht sogar allein erziehend ist. Muss man da jedes Mal nachfragen, ob die Eltern auch glücklich verheiratet sind?

 

Dr. Aull: Das ist selbstverständlich nicht nötig. Außerdem ist auch bei einer intakten Ehe die alleinige Unterschrift nicht ganz risikolos, wenn es zu einem Prozess kommt, weil die Ausbildungsrechnung nicht bezahlt wurde.

 

FahrSchulPraxis: Was raten Sie dann für die tägliche Praxis?

 

Dr. Aull: Am einfachsten ist es, wenn im Ausbildungsvertrag unter der Unterschriftszeile der Einverständniserklärung steht:
 „Für die Eltern“ oder „Zugleich als Bevollmächtigter für den anderen Erziehungsberechtigten“.
In diesem Fall haftet der Erklärende nach § 179 BGB zumindest auf Schadenersatz, falls die Vollmacht zu Unrecht behauptet wurde.

 

FahrSchulPraxis: Ist dieser Zusatz auch in den Fällen ausreichend, in denen die Eltern geschieden sind?

 

Dr. Aull: Ja, auch in diesem Fall genügt der Zusatz. Allerdings wäre es immer sinnvoll, wenn nicht nur eine Einverständniserklärung mit der Ausbildung unterschrieben würde, sondern zugleich der Zusatz, dass die Eltern für die Kosten der Ausbildung aufkommen.
In den Vertrag sollte also vielleicht folgender Passus aufgenommen werden:
„Wir sind mit der Ausbildung unserer Tochter / unseres Sohnes einverstanden und werden die Kosten der Ausbildung übernehmen. Für die Erziehungsberechtigten: Unterschrift“

 

FahrSchulPraxis: Ein eigener Vertrag mit den Eltern ist also entbehrlich?

 

Dr. Aull: Ja!

 

FahrSchulPraxis: In diesem Zusammenhang noch eine andere Frage: Ist es eigentlich vorgeschrieben, dass die Eltern auch den Führerscheinantrag des Minderjährigen unterschreiben?

 

Dr. Aull: Das ist nicht vorgeschrieben. Die Führerscheinanträge einiger Behörden enthalten dafür zwar nach wie eine Unterschriftszeile. Trotzdem ist die Unterschrift nicht erforderlich. Hier gilt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1965 In dieser hat das oberste deutsche Verwaltungsgericht entschieden, dass ein 16-Jähriger den Antrag auf eine Führerscheinklasse, für die das Mindestalter 16 Jahre ist, selbstständig stellen darf.

 

FahrSchulPraxis: Herr Dr. Aull, vielen Dank für dieses Gespräch.

 


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