Wohnmobile: Habe ich die richtige Fahrerlaubnis?
Die Freude am Führen eines Wohnmobils könnte – vor allem eines größeren – infolge einer nicht ausreichenden Fahrerlaubnis rasch zu Ende sein.
Wohnmobile dienen der Beförderung von Personen. Nach der Richtlinie EU 2007/46 EG sind Wohnmobile weder Pkw noch Lkw.
So viel vorab: Wer eine gültige Fahrerlaubnis der Klasse B besitzt, darf im In- und Ausland Wohnmobile mit einer zulässigen Gesamtmasse (zGM) bis zu 3.500 kg führen, sofern das Fahrzeug nicht zur Beförderung von mehr als 8 Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut ist.
Alte Klasse 3 und eine vor 19.03.2013 erteilte Klasse C1
Kniffliger wird es, wenn das Wohnmobil eine höhere zulässige Gesamtmasse als 3.500 kg hat. Indes, Inhaber einer alten Fahrerlaubnis Klasse 3 und einer auf Basis der Klasse 3 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse C1 dürfen Wohnmobile mit einer zGM bis zu 7.500 kg im In- und Ausland führen. Entsprechendes gilt für die alte Klasse 2 bzw. Klasse C, die vor dem 19.03.2013 erteilt wurde (Personenbeförderung wie oben).
FeV-Änderung vom 28.12.2016
In etwas verspäteter Umsetzung der dritten EU-Richtlinie wurde die Beschreibung der Klasse D1 durch Streichung der Wörter „mehr als 8, aber“ geändert, die seitdem so lautet:
„Kraftfahrzeuge, ausgenommen Kraftfahrzeuge der Klassen AM, A1, A2, A, die zur Beförderung von nicht mehr als 16 Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind und deren Länge nicht mehr als 8 m beträgt.“
Damit ist für die Führung von Kraftfahrzeugen mit einer zGM zwischen 3.500 kg und 7.500 kg, die zur Beförderung von bis zu 16 Personen gebaut und ausgelegt sind, die Klasse D1 oder D erforderlich, unabhängig davon, für welche Personenzahl ein Fahrzeug zugelassen ist.
EU-Fahrzeugklassen
Maßgebend ist die EU-Fahrzeugklasse, die aus der Zulassungsbescheinigung hervorgeht. Im Feld J ist die EU-Fahrzeugklasse und im Feld 5 die Art des Aufbaus eingetragen. Siehe dazu auch FPX 12/2020, Seite 678: „Kennen Sie sich aus? Was sind EG-Fahrzeugklassen?“
Unterschieden wird nach
- Fahrzeugklasse M: Kfz vorwiegend für die Beförderung von Fahrgästen und deren Gepäck ausgelegt und gebaut.
- Fahrzeugklasse N: Kfz vorwiegend für die Beförderung von Gütern ausgelegt und gebaut.
Ausnahmeregelung in § 6 Absatz 4a FeV
Bei Neufassung der Vorschrift wurde erkannt, dass es z.B. bei der Feuerwehr, beim Rettungsdienst, bei Rollstuhltransporten etc. zahlreiche Kraftfahrzeuge gibt, für die bis dahin die Klasse C1 genügte, nun aber Klasse D1 erforderlich wäre. Das hätte zu einem erheblichen Mangel an Fahrern geführt. Um dem vorzubeugen, erhielt die FeV mit § 6 Absatz 4a eine von der EU mitgetragene Regelung:
„Eine Fahrerlaubnis der Klasse C1 berechtigt auch zum Führen von Fahrzeugen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3.500 kg, aber nicht mehr als 7.500 kg, und die zur Beförderung von nicht mehr als acht Personen außer dem Fahrzeugführer ausgelegt und gebaut sind mit insbesondere folgender, für die Genehmigung der Fahrzeugtypen maßgeblicher, besonderer Zweckbestimmung:
- Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr,
- Einsatzfahrzeuge der Polizei,
- Einsatzfahrzeuge der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste,
- Einsatzfahrzeuge des Technischen Hilfswerks,
- Einsatzfahrzeuge sonstiger Einheiten des Katastrophenschutzes,
- Krankenkraftwagen,
- Notarzteinsatz- und Sanitätsfahrzeuge,
- Beschussgeschützte Fahrzeuge,
- Post, Funk- und Fernmeldefahrzeuge,
- Spezialisierte Verkaufswagen,
- Rollstuhlgerechte Fahrzeuge, Leichenwagen und
- Wohnmobile.
Satz 1 gilt für die Fahrerlaubnis der Klassen C1E, C und CE entsprechend.“
Damit genügt für das Führen dieser Fahrzeuge weiterhin die Klasse C1 oder C, und zwar unabhängig vom Erteilungsdatum.
Das Wohnmobil im Fahrerlaubnisrecht
Welche Fahrerlaubnis ist für das Führen eines Wohnmobils im Inland und im Ausland erforderlich?
Wohnmobile bis 3.500 kg zGM
Wie eingangs erwähnt, dürfen diese Fahrzeuge von Inhabern der Klasse B im In- und Ausland geführt werden.
Wohnmobile über 3.500 kg zGM
Nach § 6 Absatz 4a FeV dürfen Inhaber der Klasse C1 Wohnmobile mit einer zGM zwischen 3.500 kg und 7.500 kg führen.
Mit dem großen Wohnmobil ins Ausland?
Berechtigt die Regelung des § 6 Absatz 4a FeV das Führen von Wohnmobilen mit einer zGM zwischen 3.500 kg und 7.500 kg auch im Ausland? Wie an anderer Stelle erwähnt, stimmte die EU dem § 6 Absatz 4a FeV zu. In der FeV ist keine Regelung zu finden, welche die Klasse C1 das Führen von Wohnmobilen auf das Inland beschränkt. Allerdings soll diese Auslegung in Fachkreisen umstritten sein. Deshalb sollte man sich vor Antritt einer Reise ins Ausland darüber informieren, ob für das Führen von Wohnmobilen mit einer zGM von mehr als 3.500 kg die Fahrerlaubnis der Klasse C1 oder C im Zielland genügt.
Übergangsrecht und Besitzstand
Wie eingangs erwähnt, gibt es Besitzstände, die im Übergangsrecht verbürgt sind. Dazu enthält § 76 FeV die hier tabellarisch dargestellten Besitzstandsregelungen:
§ 76 FeV - Übergangsrecht zu FeV § 6 Absatz 1 zur Klasse C1
- Quelle § 76 Nr. 8 b - Klasse C1 (Kl. 3 vor 1999) - Erteilungsdatum bis 18.01.2013 - Fahrberechtigung Inland und Ausland
- Quelle § 76 Nr. 8 b - Klasse C1 - Erteilungsdatum 19.01.2013 bis 27.12.2016 - Fahrberechtigung Nur im Inland
- Quelle § 6 Abs. 1 - Klasse C1 - Erteilungsdatum ab 28.12.2016 - Fahrberechtigung Nein (nur mit D1/D)
Klasse C
Eine analoge Regelung gilt auch für Inhaber der Klasse C und die Berechtigung zum Führen von Kfz mit einer zGM von mehr als 3.500 kg und der Schlüsselung „M“, (für die Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut).
§ 76 FeV - Übergangsrecht zu FeV § 6 Absatz 1 zur Klasse C
- Quelle § 76 Nr. 8 c - Klasse C (Kl. 2 vor 1999) - Erteilungsdatum bis 18.01.2013 - Fahrberechtigung Inland und Ausland
- Quelle § 76 Nr. 8 c - Klasse C - Erteilungsdatum 19.01.2013 bis 27.12.2016 - Fahrberechtigung Nur im Inland
- Quelle § 6 Abs. 1 - Klasse C - Erteilungsdatum ab 28.12.2016 - Fahrberechtigung Nein (nur mit D1/D)
Ungereimtheiten und Fallstricke
Nicht nachvollziehbar ist, dass die oben erwähnten Regelungen des § 76 FeV für Altfahrerlaubnisse der Klassen C1 und C vom Verordnungsgeber nicht in die Anlage 3 der FeV aufgenommen wurden. Ebenso wurden diesbezüglich keine Schlüsselzahlen in die Anlage 9 der FeV aufgenommen.
Ein weiteres Problem sind die geänderten Geltungsdauern der Fahrerlaubnis Klasse C1. Diese sind nach der EU seit 19.01.2013 auf 5 Jahre befristet worden und somit kürzer als zuvor (Vollendung 50. Lebensjahr). In Deutschland gelten aufgrund der verspäteten Umsetzung zum 28.12.2016 dazu noch Übergangsfristen (§ 76 Nr. 12 c FeV). Das könnte aber beim Fahren im Ausland dazu führen, dass eine C1-Fahrerlaubnis auch schon vor dem 50. Geburtstag des Inhabers als abgelaufen betrachtet wird und deshalb der Vorwurf des Fahrens ohne eine Fahrerlaubnis erhoben werden könnte.
Liebe Leserinnen und Leser, das war ein Versuch, das im Fahrerlaubnisrecht etwas stiefmütterlich behandelte Führen von Wohnmobilen aufzudröseln.
Jochen Klima
Werner Lange
Foto: Hymer