(2463) Fußgänger haben auf kombinierten Geh- und Radwegen absoluten Vorrang
Der Fall Eine Segway-Fahrerin befuhr einen kombinierten Geh-/Radweg. Darauf befand sich ein Fußgänger, der mit Fotografieren beschäftigt war. Als der Fußgänger kurz rückwärts ging, stießen Fußgänger und Segway-Fahrerin zusammen, worauf Letzte stürzte. Sie klagte vor dem Landgericht Mainz gegen den Fußgänger, weil sie sich durch den Sturz erheblich verletzt habe, wobei es auch zu Folgeerkrankungen gekommen sei. Der beklagte Fußgänger schulde ihr daher unter anderem die Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Abgewiesen Das Landgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Klägerin den Unfall verschuldet habe, weil sie auf den Beklagten als Fußgänger nicht hinreichend Rücksicht genommen und hierdurch ihre Pflichten als Fahrzeugführerin erheblich verletzt habe. Eine Haftung des Beklagten scheide daher aus. Das Landgericht stützte seine Entscheidung auf § 7 Absatz 5 Mobilitätshilfenverordnung, inzwischen neu gefasst in Paragraf 11 Absatz 4 Satz 3 Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung, wonach Fußgänger auf gemeinsamen Geh- und Radwegen Vorrang vor Elektrokleinstfahrzeugen haben (Landgericht Mainz, Aktenzeichen 4 O 189/17).
Berufung ohne Erfolg Darauf zog die Klägerin vor das Oberlandesgericht Koblenz, das die Entscheidung des Landgerichts Mainz mit folgender Begründung bestätigte:
Nach der Gesetzeslage hatte der Beklagte als Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg absoluten Vorrang gegenüber der Segway-Fahrerin (§ 7 Absatz 5 Mobilitätshilfenverordnung). Der beklagte Fußgänger habe sich daher nicht fortwährend nach Verkehrsteilnehmern, die die Strecke befahren durften, umschauen müssen. Er habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass die den Weg befahrenden Verkehrsteilnehmer auf ihn achtgeben, also ihre Fahrweise und -geschwindigkeit anpassen, durch Warnsignale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und sicherstellen, dass diese Warnsignale auch rechtzeitig von ihm wahrgenommen und verstanden werden. Hierzu sei, wenn erforderlich, Blickkontakt herzustellen oder auf andere Weise eine Verständigung zu suchen gewesen. Achte oder reagiere ein Fußgänger nicht auf Warnsignale, müsse das Fahrzeug angehalten werden, wenn nur so eine Behinderung oder Gefährdung des Fußgängers vermieden werden könne. Diese erhöhten Sorgfaltspflichten habe die Klägerin nicht beachtet, da sie auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht sicher war, dass der Beklagte sie wahrgenommen hatte. Die Beklagte treffe aufgrund dieses Versäumnisses ein so hohes Verschulden am Zustandekommen des Unfalles, dass ein etwaiges Mitverschulden des beklagten Fußgängers (unachtsames Rückwärtsgehen) zurücktrete.
Oberlandesgericht Koblenz
- Beschluss vom 16.04.2019 -
Az. 12 U 692/18