15.07.2019

(2449) Geöffnete Pkw-Tür - Unfall bei Vorbeifahrt

Der Fall   Als Pkw-Fahrer Frank A. (Name geändert, Red.) am parkenden Auto der Anna P. (Name geändert, Red.) vorbeifuhr, kam es zu einer Kollision. Eine Tür von Annas Auto war in einem Winkel von etwa 40-45° geöffnet und ragte damit etwa 50-60 cm in die Fahrbahn hinein. Anna beugte sich gerade ins Innere des Fahrzeugs und wollte ihr Kind abschnallen. Obwohl die geöffnete Fahrzeugtür erkennbar war, fuhr Frank gegen die Tür, weil sein seitlicher Abstand zum parkenden Fahrzeug nur 50-60 cm betrug. Frank klagte gegen Anna P. und deren Haftpflichtversicherung auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von etwa 4.500 EUR.

Erste Instanz   Das Amtsgericht Menden hielt den Kläger alleinverantwortlich für den Verkehrsunfall und wies die Klage ab. Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Das Urteil   Das Landgericht Arnsberg entschied in zweiter Instanz teilweise zu Gunsten von Frank. Ihm stehe ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Anna sei ein Verstoß gegen § 14 Absatz 1 StVO anzulasten. Da die Schuld des Frank A. aus Sicht des Landgerichts als grob fahrlässig und somit schwerer zu werten sei als die Schuld der Beklagten, sei eine Haftungsverteilung von 80:20 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt.

Begründung   Wenn beim Ein- oder Aussteigen ein anderer Verkehrsteilnehmer geschädigt werde, spreche der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung des Ein- bzw. Aussteigenden. Diesen Anscheinsbeweis habe Anna P. nicht widerlegen können. Es sei unerheblich gewesen, dass die Fahrzeugtür bereits geöffnet war und sie sich zum Abschnallen des Kindes in das Fahrzeug gebeugt hatte. Die Beklagte habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass der herannahende Verkehr während des Abschnallvorgangs ausreichend Sicherheitsabstand einhalten würde. Sie hätte sich vielmehr vergewissern müssen, ob Fahrzeugverkehr herannaht, um gegebenenfalls das Abschnallen unterbrechen und die geöffnete Tür wieder schließen zu können.

Nach Auffassung des Landgerichts sei dem Kläger ebenfalls ein Verkehrsverstoß zur Last zu legen, da er mit zu geringem Seitenabstand an dem Pkw der Beklagten vorbeigefahren sei. Zwar gebe es zum Seitenabstand beim Passieren eines parkenden Fahrzeugs keine starren Regeln. Regelmäßig sei aber ein Abstand von einem Meter einzuhalten. Nach § 1 Absatz 2 StVO bestehe die Pflicht, in einem so groß bemessenen Abstand an einer geöffneten Fahrzeugtür vorbeizufahren, dass es auch bei einer Vergrößerung des Öffnungswinkels nicht zu einer Kollision kommen kann. Notfalls müsse vor der geöffneten Tür angehalten werden.

Landgericht Arnsberg -
Urteil vom 02.08.2017 - Az. 3 S 198/16