(2371) Trotz Raser - Teilhaftung des Wartepflichtigen
Der Fall
Ein Motorradfahrer war auf einer Landstraße unterwegs, auf der Tempo 100 erlaubt war. Im Bereich einer Autobahnanschlussstelle war das Geschwindigkeitslimit auf 50 km/h reduziert. Der Motorradfahrer fuhr auch auf diesem Teilstück mit 121 km/h. Ein von der Autobahn ausfahrender Pkw-Fahrer wollte mit offensichtlich zu geringer Aufmerksamkeit langsam nach links in die bevorrechtigte Landstraße abbiegen. Der Motorradfahrer versuchte auszuweichen, trotzdem kam es zum Unfall. Der Motorradfahrer wurde schwer verletzt. Seine Krankenversicherung klagte gegen den Pkw-Fahrer auf anteilige Übernahme des Schadens. Das Gericht der ersten Instanz wies die Klage mit der Begründung zurück, das geringe Mitverschulden des Pkw-Fahrers habe im Vergleich zu der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung des Motorradfahrers keine Bedeutung. Die Krankenkasse focht das Urteil durch Berufung beim OLG Hamm an.
Mithaftung
Das OLG Hamm gab dem Pkw-Fahrer eine Mitschuld am Unfall. Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass es bei einer Geschwindigkeit des Motorradfahrers von 100 km/h nicht zu einem Zusammenstoß gekommen wäre. Jedoch hätte der beklagte Autofahrer bei ausreichender Aufmerksamkeit das Motorrad und dessen überhöhte Geschwindigkeit vor dem Einbiegen wahrnehmen können. Er hätte deshalb entweder warten oder aber zügig abbiegen müssen. Sowohl Warten als auch schnelleres Abbiegen hätten den Unfall verhindert. Das Gericht wies dem Pkw-Fahrer deshalb 30 Prozent Mithaftung zu.
OLG Hamm, Urteil vom 23.02.2016,
Az. 9 U 43/15
Quelle: D.A.S. Leistungsservice