30.07.2023Novelle zur Fahrschülerausbildung: Verkehrsministerkonferenz der Länder beschließt erste Eckpunkte - Foto: © Kaesler Media/Stock.Adobe© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Juli 2023, Seite 410

Novelle zur Fahrschülerausbildung: Verkehrsministerkonferenz der Länder beschließt erste Eckpunkte

Lernen nach Maß - Theorieunterricht mit digitalen Medien

Im März dieses Jahres hat sich die Verkehrsministerkonferenz (VMK) der Länder für eine Novelle der Fahrschülerausbildung ausgesprochen und hierfür Eckpunkte beschlossen. Diese wurden vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) im Rahmen eines Workshops der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit Fahrschulverbänden, Lernmittelverlagen und weiteren an der Fahrschülerausbildung Beteiligten vorgestellt. Nachfolgend ein Überblick.

 

„Die Optimierung der Fahrschulausbildung“

stand unter TOP 6, Punkt 7 der VMK am 22./23. März auf der Agenda. Eine der Fragen war: In welcher Form oder in welchen Formen soll künftig theoretischer Fahrschulunterricht erfolgen? Im Fokus stand dabei, dass Bund und Länder die Fahrschulausbildung weiter modernisieren und digitalisieren wollen, etwa durch weitergehende Möglichkeiten beziehungsweise Regelungen für E-Learning. Allerdings – und das stand von Anfang an ebenfalls fest – müssten die gleichen Qualitätsanforderungen wie beim Präsenzunterricht gelten.

 

Kompetenzstandards, Lehrrahmen, E-Learning

Im Ergebnis ihrer Frühjahrstagung hat sich die VMK für eine Novelle der Fahrschülerausbildung ausgesprochen und dafür Eckpunkte beschlossen. Diese wurden Fahrschulverbänden, Lernmittelverlagen und weiteren an der Fahrschülerausbildung Beteiligten am 2. Juni im Rahmen eines Workshops der BASt vorgestellt. Das Ziel der Novelle: in die Fahrschülerausbildung Kompetenzstandards und einen Lehrrahmen einzuführen sowie das Lernen mit digitalen Medien zu etablieren. Die Eckpunkte der Novelle bilden dabei die Grundlage für weitere Gespräche und Diskussionen zur Ausgestaltung der neuen Fahrschülerausbildung und der Vorbereitung der rechtlichen Umsetzung.

Bereits vor der Corona-Pandemie hat sich das Verkehrsministerium mit der Möglichkeit der Durchführung von digitalem Unterricht in der Fahrschule beschäftigt. Die BASt wurde beauftragt, ein entsprechendes Umsetzungskonzept für die Optimierung der Fahrausbildung zu erarbeiten. Veröffentlicht wurde der Bericht unter dem Titel „Fahranfängervorbereitung in Deutschland – Erarbeitung eines Umsetzungskonzeptes für die Optimierung der Fahrausbildung“ (OFSA II) in der Reihe „Mensch und Sicherheit“. Darin wurden Vorschläge zur Verbesserung der Fahrschülerausbildung, besonders hinsichtlich des Inhalts, der Methoden und des Ablaufs, erarbeitet.

 

Eckpunkte zur Novelle der Fahrschülerausbildung

Die Eckpunkte der Novelle lauten wie nachfolgend aufgeführt:

 

1. E-Learning, synchron und asynchron, muss die gleichen Qualitätsanforderungen erfüllen wie Präsenzunterricht (nicht mehr und nicht weniger)

 

2. Der im Projekt vorgeschlagene Ausbildungsverlauf, der selbstständiges Theorielernen mittels digitaler Medien (asynchrones E-Learning), Präsenzunterricht in der Fahrschule und praktische Ausbildung sowohl inhaltlich als auch zeitlich verbindet/verzahnt, soll weitgehend verbindlich vorgeschrieben werden.

 

3. Diesen Ausbildungsverlauf muss auch synchrones E-Learning (Online-Unterricht) sicherstellen, wobei das synchrone E-Learning an die Stelle des Präsenzunterrichts in der Fahrschule tritt.

 

4. Vorschlag für das synchrone E-Learning:

›› Es gibt kein reines synchrones E-Learning. Fahrschulen dürfen auch nur Präsenzunterricht anbieten.

›› Jede Fahrschule muss regelmäßig Präsenzunterricht durchführen – synchrones E-Learning als zusätzliches Angebot unter noch näher zu definierenden Rahmenbedingungen.

›› Erste Stunde(n) soll(en) in Präsenz stattfinden.

›› Synchrones E-Learning ist auf einen noch zu bestimmenden zeitlichen und inhaltlichen Anteil an Unterrichtseinheiten beschränkt.

›› Für den Ausnahmefall soll die aktuelle Regelung aus der 15. FeVÄndVO weiter erhalten bleiben.

›› Die Fahrerlaubnisklassen sollten dabei differenziert betrachtet werden.

 

5. Die Einführung eines Qualitätssiegels für die Lehr-/Lernmedien wird aufgrund des damit verbundenen Aufwandes abgelehnt. Allerdings soll die Qualität der eingesetzten Lehr-/Lernmittel im Rahmen der Evaluierung betrachtet und dann ggf. neu bewertet werden. Wie bisher können die konkreten im Unterricht eingesetzten Lehr-/Lernmittel in die Überwachung einbezogen werden. Sie müssen den vorgesehenen Ausbildungsverlauf sicherstellen.

 

6. Der im Projektbericht vorgeschlagene Kompetenzrahmen sollte weitestgehend verbindlich in der Fahrschüler-Ausbildungsordnung geregelt werden und die dort derzeit vorgegebenen Rahmenpläne und Sachgebiete ersetzen. Da OFSA II nur einen Kompetenzrahmen für die Klasse B enthält, müssen für die anderen FE-Klassen weitere Kompetenzrahmen entwickelt werden.

 

7. Der im Projektbericht vorgeschlagene detaillierte Ausbildungsplan soll nicht rechtlich vorgegeben werden. Er kann allerdings den Fahrschulen empfohlen werden.

 

8. Die Ausgestaltung der im Projektbericht vorgeschlagenen Lernstandskontrollen soll im weiteren Verfahren erörtert werden.


Interview mit dem BMDV zur Ausgestaltung des künftigen Theorieunterrichts

„Fahrlehrer müssen für den Bereich E-Learning noch geschult werden.“

In der Fahrschülerausbildung sollen jetzt Kompetenzstandards und ein Lehrrahmen eingeführt sowie das Lernen mit digitalen Medien etabliert werden. Das zumindest ist das Ziel der Novelle der Fahrschülerausbildung. FahrSchulPraxis-Redakteurin Isabella Finsterwalder befragte das BMDV zu den Einzelheiten.

 

FPX:   Das Thema zielgerichtete Kombination von Präsenz-Theorieunterricht und E-Learning im Fahrschulunterricht ist nicht neu. Gleichwohl beschäftigt es die Branche seit der COVID-Pandemie mehr denn je. Wie steht das Bundesministerium aktuell zum Thema des digitalen Fahrschulunterrichts?

 

BMDV:   Das BMDV hat sich bereits vor der Corona-Pandemie mit der Möglichkeit der Durchführung von digitalem Unterricht in der Fahrschule beschäftigt. Es hat hierzu die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) beauftragt, ein Umsetzungskonzept für die Optimierung der Fahrausbildung zu erarbeiten. Der Bericht wurde unter dem Titel „Fahranfängervorbereitung in Deutschland – Erarbeitung eines Umsetzungskonzeptes für die Optimierung der Fahrausbildung“ in der Reihe „Mensch und Sicherheit“, Heft M 330, im Mai 2022 veröffentlicht. In ihm wurden konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Fahrschülerausbildung, insbesondere hinsichtlich des Inhalts, der Methoden und des Ablaufs der Ausbildung von Fahrschülern, erarbeitet.

 

Wie ist der derzeitige Stand zu diesem Thema in der Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr?

 

Zur Umsetzung wurde eine Bund-Länder-AG eingerichtet, die auf Basis des Berichtes und der Forderung des Koalitionsvertrages („Wir wollen mehr digitale Elemente des Führerscheinunterrichtes ermöglichen“) Eckpunkte für die künftige Fahrschülerausbildung erarbeitet. Den Eckpunkten wurde durch die VMK am 22./23. März 2023 zugestimmt. Diese wurden den einschlägigen Verbänden sowie Lehr- und Lernmittelverlagen am 2. Juni vorgestellt.

 

Wie lauten Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen rund um das Thema E-Learning beim theoretischen Unterricht im Rahmen des Fahrerlaubniserwerbs?

 

Aus den erfolgten Expertenbefragungen wird bereits jetzt ein gewisser Schulungsbedarf für Fahrlehrer deutlich.

 

Angemerkt

Insgesamt sind die Antworten des BMDV auf die von der FPX-Redaktion gestellten Fragen sehr vage.

 

Auch eine Antwort auf die Frage, wie das BMDV die Ergebnisse der Arbeitsgruppe und deren Auswirkung auf die künftige Fahrschüler-Ausbildungsordnung einschätzt, blieb offen. So hieß es seitens des BMDV lediglich „Die konkreten Auswirkungen sind derzeit noch nicht vollständig erkennbar und werden sich erst nach Abschluss der weitergehenden Beratungen abbilden.“

 

Sehr unkonkret reagierte das BMDV auch auf die nachfolgende FPX-Frage: Der DVR hat bereits Ende 2021 dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr konkrete Empfehlungen für eine künftige theoretische Ausbildung durch eine Verbindung von Präsenzunterricht und asynchronem E-Learning (Blended Learning) übermittelt. So empfiehlt der DVR dem Bundesministerium beispielsweise, in der Fahrschüler-Ausbildungsordnung festzuschreiben, welche Inhalte im Rahmen eines Präsenzunterrichts und welche im E-Learning-Verfahren angeeignet werden können. Inwieweit wurden die Empfehlungen des DVR und der Fahrschulbranche insgesamt aufgenommen und berücksichtigt? „Die Einschätzungen des DVR werden, wie alle Äußerungen betroffener Verbände, in die Diskussionen einfließen.“ Die Antwort der Sprecherin des BMDV auf die Frage nach dem Zeitpunkt für eine Bekanntgabe der verschiedenen Vorschläge seitens des Ministeriums lautete schließlich ebenfalls lapidar: „Das kann noch dauern.”

 

Jetzt bleibt der Branche also nichts anderes übrig als abzuwarten, wann und in welcher Form die Vorhaben tatsächlich umgesetzt werden bzw. wann der Beratungsprozess beendet ist und die Beschlüsse damit endlich Eingang in ein Rechtssetzungsverfahren finden können.

Isabella Finsterwalder

Foto: © Kaesler Media/Stock.Adobe


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