30.10.2022© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober 2022, Seite 600

Gemeinsame Ausbildung von Fahrschülern: Einheitliche Ausbildung und Verantwortung

Grundlage einer Zusammenarbeit von Fahrschulen bei der Ausbildung von Fahrschülern ist die aktuelle Gesetzeslage. Dabei sind die Bestimmungen des Ausbildungs- und Fahrlehrerrechts zu beachten, die im Folgenden dargestellt werden.

 

Nach dem Fahrlehrergesetz darf von einer Fahrlehrerlaubnis nur in Verbindung mit einer Fahrschulerlaubnis Gebrauch gemacht werden (§ 1 Abs. 4 FahrlG). Dafür bieten sich zwei Möglichkeiten an:

  1. Der Fahrschulinhaber A bildet seine eigenen Kunden aus, die mit ihm einen Ausbildungsvertrag geschlossen haben.
  2. Der bei Fahrschulinhaber A angestellte Fahrlehrer B ohne eigene Fahrschulerlaubnis oder der bei Fahrschulinhaber A angestellte Fahrschulinhaber C bilden nach Weisung und unter der Verantwortung des Fahrschulinhabers A Fahrschüler aus, die mit diesem einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen haben.

In beiden Fällen ist der Fahrschulinhaber für die ordnungsgemäße Ausbildung verantwortlich. Der Fahrschulinhaber hat unter anderem auch die Ausbildungspläne zu erstellen, nach denen der Unterricht abgehalten wird. Deshalb schreibt der Gesetzgeber vor, dass der Fahrschulinhaber die Fahrlehrerlaubnis für alle Klassen besitzen muss, die in seiner Fahrschule ausgebildet werden sollen.

 

Nur in wenigen Fällen lässt der Gesetzgeber von dieser Grundlage eine Ausnahme zu:

  1. Der Fahrschulinhaber ist eine juristische Person oder Personengesellschaft (§ 18 Abs. 2 FahrlG).
  2. Die Fahrschule wird nach dem Tod des Inhabers von den Hinterbliebenen weitergeführt (§ 28 FahrlG).
  3. Die Fahrerlaubnis eines Fahrschulinhabers muss wegen körperlicher oder geistiger Mängel widerrufen werden (§ 34 Abs. 4 FahrlG).
  4. Fahrschulen, die beim Inkrafttreten des Fahrlehrergesetzes (01.10.1969) existiert haben (§ 69 Abs. 3 FahrlG).

In diesen vier Fällen muss ein verantwortlicher Leiter bestellt werden, der das Unternehmen führt. Der verantwortliche Leiter muss seinerseits die Fahrlehrerlaubnis für alle Klassen besitzen, die ausgebildet werden sollen. Dieser verantwortliche Leiter hat alle Pflichten eines Fahrschulinhabers zu erfüllen.

 

Verantwortlichkeit von Fahrschulinhaber bzw. verantwortlichem Leiter

Die Ausbildung von Fahrschülern muss also unter der Aufsicht und Verantwortung des Fahrschulinhabers bzw. verantwortlichen Leiters durchgeführt werden. Sie besteht in der Regel aus einem theoretischen und einem praktischen Teil. Diese beiden Teile müssen in der Konzeption aufeinander bezogen und im Verlauf der Ausbildung miteinander verknüpft werden (§ 2 Abs. 1 FahrschAusbO). Die Einhaltung dieser Vorgaben muss und kann nur vom Fahrschulinhaber bzw. dem verantwortlichen Leiter gesichert werden. Diese Vorgabe kann deshalb auch nur erfüllt werden, wenn die gesamte Ausbildung in einer Hand liegt. Deshalb hat der Gesetzgeber auch klargestellt, dass eine Fahrschule (GmbH) auch nur einen verantwortlichen Leiter haben darf.

 

Fahrschulwechsel

Selbstverständlich ist es zulässig, dass ein Schüler die Fahrschule wechselt. In diesem Fall werden bereits absolvierte Ausbildungsteile angerechnet. Insoweit wird unter diesen Umständen ausnahmsweise vom Grundsatz der einheitlichen Ausbildung abgewichen. Unzulässig wäre es aber, die Ausbildung von vornherein so zu planen, dass sie in verschiedenen Fahrschulen durchgeführt wird.

 

Grundsatz der einheitlichen Ausbildung

Die theoretische Ausbildung besteht aus dem Grundstoff und dem klassenspezifischen Zusatzstoff. Dieser hat sich an den im Rahmenplan aufgeführten Inhalten zu orientieren und ist systematisch nach Lektionen aufzubauen (§ 4 Abs. 1 FahrschAusbO). Aus dieser Vorschrift ergibt sich, dass der gesamte theoretische Unterricht (Grundstoff und Zusatzstoff) grundsätzlich in der gleichen Fahrschule besucht werden muss, da ansonsten die Vorgabe der Fahrschüler-Ausbildungsordnung nicht eingehalten werden kann.

 

Die praktische Ausbildung ist auf die theoretische Ausbildung zu beziehen und inhaltlich mit dieser zu verzahnen. Sie muss sich an den in den Anlagen 3 bis 6 aufgeführten Inhalten orientieren. Sie besteht aus der Grundausbildung und den besonderen Ausbildungsfahrten (§ 5 Abs. 1 FahrschAusbO). Auch diese Vorgaben können nur erfüllt werden, wenn die Ausbildung unter der Verantwortung eines Fahrschulinhabers bzw. eines verantwortlichen Leiters bleibt. Da diese dafür verantwortlich sind, dass alle beschäftigten Fahrlehrer nach dem gleichen Ausbildungsplan und den gleichen Ausbildungsgrundsätzen arbeiten, ist die Einheitlichkeit der Ausbildung auch dann gewährleistet, wenn der Schüler von mehreren Fahrlehrern ausgebildet wird. Durch das Aufsichts- und Weisungsrecht stellt der Fahrschulinhaber bzw. verantwortliche Leiter die einheitliche Ausbildung sicher.

 

Schüler wird vermittelt

Eine andere Form der Zusammenarbeit wäre zumindest theoretisch dann denkbar, wenn zwischen den Beteiligten ein großes Vertrauen und keine direkte Konkurrenzsituation besteht. Melden sich bei einem Fahrschulinhaber mehr Kunden an, als er selbst ausbilden kann, oder für eine Fahrerlaubnisklasse, die er nicht selbst ausbilden kann, könnte er einige Kunden zu einem Kollegen schicken, damit dieser die Schüler komplett als eigene Kunden ausbildet.

 

Gemeinschaftsfahrschule und Kooperation

Sobald aber Fahrschüler aus mehreren Fahrschulen gemeinsam unterrichtet werden, sind mehrere Fahrschulinhaber für die Ausbildung verantwortlich. Der Gesetzgeber lässt dieses Modell der Ausbildung derzeit nur in der Form einer Gemeinschaftsfahrschule (§ 19 FahrlG) oder Kooperation (§ 20 FahrlG) zu. Im ersten Fall sind alle Gesellschafter gemeinsam für den ordnungsgemäßen Unterricht und die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben verantwortlich (§ 29 Abs. 3 FahrlG). Bei Kooperationsfahrschulen behält neben der Verantwortung der Auftrag nehmenden Fahrschule für die dort durchgeführten Ausbildungsteile der Fahrschulinhaber bzw. der verantwortliche Leiter der Auftrag gebenden Fahrschule die Gesamtverantwortung für den ordnungsgemäßen Unterricht und die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben (§ 29 Abs. 4 FahrlG).

 

Qualitätssicherungssystem

Man könnte daran denken, Fahrschulen, die sich einem gemeinsamen externen Qualitätssicherungssystem mit Bewertung der Unterrichtsqualität anschließen, die Möglichkeit zu eröffnen, Fahrschüler gemeinsam zu unterrichten. Dies würde gegenüber der heutigen Gemeinschaftsfahrschule und Kooperationsfahrschule, bei der immer jeder Fahrschulinhaber für den Unterricht verantwortlich ist, sogar den Vorteil der klareren Zuständigkeit bieten.

Ralf Nicolai


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