15.10.2020

(2486) Gericht verneint erhöhte Beleuchtungspflicht für parkendes Expeditionsfahrzeug

Der Fall   An einem Abend im September 2018 stieß innerhalb eines Ortes eine Pkw-Fahrerin mit der rechten Frontseite ihres Wagens gegen den linken Heckbereich eines am rechten Fahrbahnrand geparkten Expeditionsfahrzeugs (Offroad-Wohnmobil oder ähnliches Kfz.). Sie gab an, das Fahrzeug in der Dunkelheit nicht erkannt zu haben. Am Unfallort war eine Beleuchtung durch Straßenlaternen vorhanden. Außerdem hatte das Expeditionsfahrzeug ein beleuchtetes Nummernschild, nicht jedoch zwei rote Rückstrahler. Die Autofahrerin war mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Die Haftpflichtversicherung der Autofahrerin erkannte eine Haftung in Höhe von 1/3 an. Damit war der Halter des Expeditionsfahrzeugs nicht einverstanden und erhob Klage. Er ging von der vollen Haftung der Autofahrerin aus.

Erste Instanz   Das Landgericht Hagen bestätigte die Haftungsquote der Haftpflichtversicherung. Zwar habe die beklagte Pkw-Fahrerin gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht verstoßen, jedoch sei dem Kläger anzulasten, dass sein Fahrzeug nicht mit einer Lichtquelle versehen war und damit ein Verstoß gegen § 17 Absatz 4 Satz 2 StVO vorliege. Zudem war das Fahrzeug nicht mit zwei roten Rückstrahlern versehen, sodass auch ein Verstoß gegen § 53 Absatz 1 StVZO vorliege. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ging der Kläger in Berufung beim OLG.

Das Urteil   Das Oberlandesgericht Hamm entschied zum Teil zu Gunsten des Klägers. Danach hat der Halter des Expeditionsfahrzeugs Anspruch auf Ersatz von 60 % seines Schadens. Begründung: Die Beklagte habe maßgeblich den Unfall dadurch verschuldet, dass sie gegen das Sichtfahrgebot aus § 3 Absatz 1 Satz 4 StVO verstoßen habe. Sie sei mit einer Geschwindigkeit gefahren, die es ihr nicht ermöglicht habe, innerhalb der übersehbaren Strecke anzuhalten. Ein Fahrer müsse auch nachts mit unbeleuchteten Hindernissen, so etwa mit innerorts geparkten Fahrzeugen, rechnen.

Dem Kläger sei dagegen kein Verstoß gegen die erhöhte Beleuchtungspflicht aus § 17 Absatz 4 Satz 2 StVO vorzuwerfen. Sein Fahrzeug sei bei Einhaltung des Sichtfahrgebots rechtzeitig erkennbar gewesen. Er habe keine Vorkehrungen dafür treffen müssen, dass das von ihm abgestellte Fahrzeug auch bei Nichteinhaltung des Sichtfahrgebots oder der zulässigen Höchstgeschwindigkeit rechtzeitig zu erkennen ist. Ausreichend sei eine Erkennbarkeit für die Verkehrsteilnehmer herzustellen, die sich verkehrsgerecht verhalten.

Die Mithaftung des Klägers in Höhe von 40 % ergebe sich nach Ansicht des Oberlandesgerichts daraus, dass sein Fahrzeug nicht über zwei rote Rückstrahler verfügte. Dies stelle ein Verstoß gegen die einfache Beleuchtungspflicht aus § 23 Absatz 1 Satz 4 StVO in Verbindung mit § 53 Absatz 4 StVZO dar. Wären die Rückstrahler vorhanden gewesen, hätte der Unfall vermieden werden können.

Oberlandesgericht Hamm
- Urteil vom 15.01.2019 -
Az. 7 U 38/18