15.06.2021

(2508) Auffahrunfall nach abruptem Abbremsen durch den Notfallbremsassistenten

Der Fall   Ein Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen fuhr auf der A5 Kassel/Hannover als sich plötzlich der Notfallbremsassistent löste. Ein nachfolgender Lkw fuhr auf den vorausfahrenden Lkw auf und beschädigte diesen. In der Folge klagte der Halter des Lkw gegen den Halter des aufgefahrenen Fahrzeugs auf Schadenersatz.

Urteil 1. Instanz   Das Landgericht hatte dem Halter des Lkw 1/3 des geltend gemachten Schadens zugesprochen. Dagegen legte dieser Berufung beim Oberlandesgericht ein.

Urteil 2. Instanz   Die Berufung hatte Erfolg. Das Oberlandesgericht sprach der Klägerin 2/3 ihres Schadens zu.

Begründung   Bei dem erforderlichen Haftungsausgleich zwischen den Beteiligten sei zu berücksichtigen, dass der Unfall durch das Beklagtenfahrzeug mitverursacht worden sei. Dieses habe aufgrund des zu geringen Sicherheitsabstandes zum vorausfahrenden klägerischen Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen können. Angesichts der Größe des Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t hätte gemäß § 4 Absatz 3 StVO auf Autobahnen zu vorausfahrenden Fahrzeugen ein Mindestabstand von 50 Metern eingehalten werden müssen, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h betrage. Sachverständig geklärt sei, dass dieser Sicherheitsabstand hier trotz der gefahrenen Geschwindigkeit nicht eingehalten worden sei. Die Klägerin müsse sich als Verursachungsbeitrag vorwerfen lassen, dass sie ihr Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund auf freier Strecke abrupt abgebremst habe. Die gebotene Abwägung dieser beiderseitigen Verursachungsbeiträge führe zu einer Haftungsverteilung von 2/3 zu Lasten der Beklagten und 1/3 zu Lasten der Klägerin. Hinsichtlich des Fahrers des auffahrenden Lkw sei von einem Verschulden auszugehen, da der erforderliche Sicherheitsabstand ohne zwingende Gründe um etwa 30 % unterschritten worden sei. Das abrupte Abbremsen der Klägerin sei dagegen unstreitig auf das Versagen der technischen Einrichtung ihres Kraftfahrzeugs zurückzuführen, sodass sie kein Verschulden treffe.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Urteil vom 09.03.2021 -
Az. 23 U 120/20