15.04.2020

(2469) Alleinhaftung des Rechtsabbiegers wegen Rotlichtverstoßes

Der Fall   An einem Nachmittag im April 2015 kam es auf einer ampelgeregelten Kreuzung in Berlin zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei Pkw. Autofahrer Hans Mollis (Name geändert, Red.) bog bei Grün mit seinem Fahrzeug nach links ab. Für die Linksabbieger bestand eine gesonderte Ampelregelung. Die ihm entgegenkommende Autofahrerin Gretel Dextra (Name geändert, Red.) bog nach rechts ab. Dabei kam es zu einer Kollision, wobei die rechtsabbiegende Dextra mit ihrem Pkw das Fahrzeug des linksabbiegenden Mollis seitlich hinten traf. Mollis klagte gegen die Rechtsabbiegerin Dextra vor dem Landgericht Berlin auf Zahlung von Schadenersatz. Das Landgericht Berlin wies die Klage ab. Dagegen ging Mollis in Berufung beim Kammergericht Berlin.

Das Urteil   Das Kammergericht Berlin (Oberlandesgericht des Landes Berlin) entschied zu Gunsten des Klägers Mollis und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Die beklagte Dextra hafte allein für die Unfallfolgen. Die Beweisaufnahme zeigte, dass die Beklagte mit ihrem Fahrzeug noch nicht die Fußgängerfurt überquert hatte und somit noch nicht im Kreuzungsbereich stand. Dextra sei daher nicht im Begriff gewesen, die Kreuzung zu räumen; sie hätte, um einen Rotlichtverstoß zu vermeiden, stehen bleiben müssen. Doch selbst wenn sie bereits im Kreuzungsbereich gestanden hätte, sei ihr der Unfall vorzuwerfen. Denn sie hätte nicht, ohne auf den bevorrechtigten linksabbiegenden Gegenverkehr zu achten, unbekümmert losfahren dürfen. Ein Verschulden des Klägers lag nach Auffassung des Kammergerichts nicht vor. Zwar spreche zugunsten des Rechtsabbiegers ein Anscheinsbeweis gegen den entgegenkommenden Linksabbieger dahingehend, dass der Linksabbieger seine Sorgfaltspflichten aus § 9 Absatz 4 StVO verletzt hat. Dies gelte aber nicht für den vorliegenden Fall. Denn an der betreffenden Kreuzung galt in diesem Fall nicht § 9 Absatz 4 StVO, weil für die Linksabbieger eine gesonderte Lichtzeichenregelung bestand.

Kammergericht Berlin
- Urteil vom 31.01.2019 -
Az. 22 U 211/16