28.10.2025© FahrSchulPraxis - Entnommen aus Ausgabe Oktober 2025, Seite 542

Kündigung des Ausbildungsvertrags: Verfällt der Grundbetrag?

Das Ausbildungsverhältnis mit einer Fahrschule unterliegt den Regelungen des Dienstvertragsrechts nach §§ 611 BGB ff. Ein hierzu geschlossener Dienstleistungsvertrag, auch Dienstvertrag genannt, ist eine rechtliche Vereinbarung, welche die Fahrschule zur Erbringung bestimmter Dienstleistungen verpflichtet. Zugleich wird darin auch festgelegt, wie die Leistung zu vergüten ist. Der von zwei Parteien geschlossene Vertrag kann unter bestimmten Umständen vorzeitig beendet werden.

 

Der Ausbildungsvertrag mit einer Fahrschule kann auf verschiedene Weise enden. Dabei geht es immer auch um die Frage, ob die Fahrschule den Grundbetrag ganz oder teilweise zurückerstatten muss. Diese Frage steht im Fokus dieses Beitrages. Beleuchtet wird, welche Möglichkeiten Fahrschule und Fahrschüler für eine ordentliche Kündigung, eine Kündigung bei Vertrauensstellung sowie eine außerordentliche Kündigung haben. Wie sehen die gesetzlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen aus? Was passiert bei einem Annahmeverzug?

 

Fristablauf

Das logische Ende eines Dienstvertrages erfolgt bei befristeten Dienstverträgen durch Ablauf der vertraglich vereinbarten Laufzeit. Über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbaren die Fahrschulen mit ihren Kunden in der Regel eine Vertragsdauer von sechs bzw. zwölf Monaten. Gemäß § 620 Abs. 1 BGB endet das Dienstverhältnis mit Ablauf der vertraglich bestimmten Zeit. Hier ist kein Handeln der Parteien erforderlich, das Vertragsende erfolgt quasi automatisch.

 

Beispiel: Die Vertragsparteien vereinbaren für die Führerscheinausbildung ein Jahr mit klarer Nennung des Datums. Nach einem Jahr endet für die Fahrschule die Pflicht, den Fahrschüler weiter auszubilden. Wurde der Theorieunterricht bis dato nur teilweise besucht, kommen Fahrschüler nicht selten Jahre später und wollen von der Fahrschule den Grundbetrag zurückerstattet bekommen. Da der Fahrschüler aber während der Laufzeit des Vertrages jederzeit den von der Fahrschule angebotenen Unterricht hätte besuchen können, kommt er in den sog. Annahmeverzug. In § 615 Satz 1 BGB heißt es: „Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein.“ Die Fahrschule behält folglich den Anspruch auf den vereinbarten Grundbetrag.

 

Außerordentliche Kündigung

Vereinbaren die Parteien ein befristetes Vertragsverhältnis, so sind sie an die vereinbarte Laufzeit grundsätzlich gebunden. Eine vorzeitige Kündigung ist nicht möglich.

Ist das Dienstverhältnis nicht schon ordentlich kündbar, kommt eine Kündigung ausnahmsweise dann in Betracht, wenn ein wichtiger Grund für eine solche Kündigung vorliegt. Insoweit spricht man von einer außerordentlichen Kündigung, die oftmals fristlos erklärt wird.

§ 626 BGB konkretisiert den wichtigen Grund insoweit, als dass „Tatsachen vorliegen [müssen], aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann“.

Die außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt hat. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen (§ 626 Abs. 2 BGB).

 

Regelungen in den AGB für Fahrschulen zur Kündigung

Die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund kann nicht abgedungen werden, entsprechende Vereinbarungen sind nichtig. Auch Erschwerungen des Rechts zur außerordentlichen Kündigung sind unwirksam, etwa durch Vertragsstrafenregelungen. Es können aber bestimmte wichtige Gründe benannt werden, bei denen die Parteien vom Vorliegen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden Grundes ausgehen. So werden in den von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF) empfohlenen AGB Ausführungen zur Kündigung des Vertrages gemacht.

Ziffer 5 der AGB der BVF: Der Ausbildungsvertrag kann vom Fahrschüler jederzeit, von der Fahrschule nur aus wichtigem Grund gekündigt werden:

Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Fahrschüler

 

a) trotz Aufforderung und ohne triftigen Grund nicht innerhalb von 4 Wochen seit Vertragsabschluss mit der Ausbildung beginnt oder er diese um mehr als 3 Monate ohne triftigen Grund unterbricht,

b) den theoretischen oder den praktischen Teil der Fahrerlaubnisprüfung nach jeweils zweimaliger Wiederholung nicht bestanden hat,

c) wiederholt oder gröblich gegen Weisungen oder Anordnungen des Fahrlehrers verstößt.

 

Eine Kündigung des Ausbildungsvertrages ist nur wirksam, wenn sie in Textform erfolgt.

Beispiel: Stört ein Fahrschüler durch verbale und physische Attacken gegen Mitschüler und Lehrer trotz Ermahnungen immer wieder den Theorieunterricht, so kann letzterer außerordentlich kündigen. Es ist der Fahrschule nicht zumutbar, auch in den folgenden Unterrichten die Störungen hinzunehmen.
 

Kündigung bei Vertrauensstellung

Besonderheiten ergeben sich bei Dienstverträgen mit besonderer Vertrauensstellung. Hiermit sind Dienstleistungen gemeint, die überdurchschnittliche Fachkenntnisse, Kunstfertigkeiten oder eine besondere wissenschaftliche Bildung voraussetzen. Zudem muss sich das Vertrauen über die fachliche Kompetenz hinaus auch auf die Person des Vertragspartners erstrecken.

Beispiele: Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte, Steuerberater und eben auch Fahrlehrer.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bei solchen Tätigkeiten ein erhöhtes Vertrauenspotenzial besteht bzw. eine besondere Pflicht zur Diskretion gefordert wird. Bei solchen Verträgen kann jederzeit auch ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt werden – § 627 BGB. Dementsprechend ist in Ziffer 5 der AGB der BVF geregelt, dass der Ausbildungsvertrag vom Fahrschüler jederzeit gekündigt werden kann.

 

Rechtsfolgen einer jederzeitigen und außerordentlichen Kündigung

Bei einer außerordentlichen Kündigung oder einer Kündigung bei Vertrauensstellung kann der Dienstleistende regelmäßig den Teil seiner Vergütung verlangen, der seinen bisherigen Dienstleistungen entspricht, § 628 Abs.1 Satz 1 BGB. Die von der BVF empfohlenen AGB sehen hierzu eine detaillierte Regelung vor.

 

Ziffer 6 der AGB der BVF: Wird der Ausbildungsvertrag gekündigt, so hat die Fahrschule Anspruch auf das Entgelt für die erbrachten Fahrstunden und eine etwa erfolgte Vorstellung zur Prüfung. Kündigt die Fahrschule aus wichtigem Grund (siehe Ziff. 5) oder der Fahrschüler, ohne durch ein vertragswidriges Verhalten der Fahrschule veranlasst zu sein, steht der Fahrschule folgendes Entgelt zu:

 

a) 1/5 des Grundbetrages, wenn die Kündigung nach Vertragsschluss mit der Fahrschule, aber vor Beginn der Ausbildung erfolgt;

b) 2/5 des Grundbetrages, wenn die Kündigung nach Beginn der theoretischen Ausbildung, aber vor der Absolvierung eines Drittels der für die beantragten Klassen vorgeschriebenen theoretischen Mindestunterrichtseinheiten erfolgt;

c) 3/5 des Grundbetrages, wenn die Kündigung nach der Absolvierung eines Drittels, aber vor dem Abschluss von zwei Dritteln der für die beantragten Klassen vorgeschriebenen theoretischen Mindestunterrichtseinheiten erfolgt;

d) 4/5 des Grundbetrages, wenn die Kündigung nach der Absolvierung von zwei Dritteln der für die beantragten Klassen vorgeschriebenen theoretischen Mindestunterrichtseinheiten erfolgt, aber vor deren Abschluss;

e) der volle Grundbetrag, wenn die Kündigung nach dem Abschluss der theoretischen Ausbildung erfolgt.

 

Beispiel: Der Fahrschüler hat 6 Unterrichtseinheiten der Klasse B in der Fahrschule besucht. Der Fahrschüler beginnt ein Studium und möchte die Fahrausbildung in einer Fahrschule am Studienort fortsetzen. Daher kündigt er seinen bisherigen Ausbildungsvertrag. Der Fahrschule stehen nun 3/5 des Grundbetrages als Entgelt zu. Ein bereits zu viel gezahltes Entgelt ist zurückzuerstatten.

 

Gleiches würde in dem vorgenannten Fall der außerordentlichen Kündigung wegen Unterrichtsstörung gelten, wenn der Störenfried ebenfalls 6 Unterrichtseinheiten der Klasse B besucht hätte.

 

Kündigung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes

Kündigt die zur Dienstleistung verpflichtete Fahrschule, ohne durch vertragswidriges Verhalten des Fahrschülers dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst sie durch ihr vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Fahrschülers, so steht ihr ein Anspruch auf Vergütung insoweit nicht zu, als ihre Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben (§ 628 Absatz 1 Satz 2 BGB). Eine entsprechende Regelung findet sich folglich auch in den von der BVF empfohlenen AGB.

 

Ziffer 6 der AGB der BVF (letzter und vorletzter Satz): Kündigt die Fahrschule ohne wichtigen Grund oder der Fahrschüler, weil er hierzu durch ein vertragswidriges Verhalten der Fahrschule veranlasst wurde, steht der Fahrschule der Grundbetrag nicht zu. Eine Vorauszahlung ist zurückzuerstatten.

Beispiel: Die Fahrschule hat einfach kein Interesse mehr daran, mit einem Fahrschüler die Ausbildung fortzusetzen und kündigt. Der Fahrschüler hat den Theorieunterricht bereits vollständig besucht und den Grundbetrag bezahlt. Da er aber zur Fortsetzung seiner Ausbildung bei einer anderen Fahrschule in aller Regel erneut einen Grundbetrag entrichten muss, hat die „alte“ Fahrschule ihm den Grundbetrag zurückzuerstatten.

 

Tipp   Die von der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. empfohlenen allgemeinen Geschäftsbedingungen sind exakt auf die gesetzlichen Vorgaben abgestimmt und werden regelmäßig rechtlich überprüft und aktualisiert. Wir empfehlen daher diese unverändert zu verwenden. Sollten Sie doch Änderungen vornehmen, sollten diese vor Verwendung von einer rechtskundigen Person auf Zulässigkeit überprüft werden.

 

Ralf Nicolai

 


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