15.07.2017

(2393) Vorfahrt bleibt Vorfahrt

© FahrSchulPraxis - veröffentlicht in Ausgabe Juli/2017

Der Fall Der Fahrer eines VW missachtete ein Stopp-Schild und kollidierte mit einem von links kommenden BMW. Die Straße, aus der  die BMW-Fahrerin auf die Kreuzung zufuhr, war wegen einer Baustelle für den allgemeinen Fahrzeugverkehr durch Zeichen 250 und Zusatzschild Anlieger bis Baustelle frei gesperrt. Die BMW-Fahrerin klagte anschließend gegen den VW-Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der VW-Fahrer vertrat die Meinung, dass es sich wegen der Sperrung um eine untergeordnete Straße gehandelt habe, sodass er vorfahrtberechtigt gewesen sei.

Erste Instanz Das Landgericht Konstanz wies die Schadensersatz- und Schmerzensgeldklage ab. Der Unfall sei allein durch einen Verstoß der Klägerin gegen § 10 StVO verursacht worden. Sie sei von einem ,,anderen Straßenteil" im Sinne der Vorschrift gekommen und daher verpflichtet gewesen, dem Beklagten Vorrang zu gewähren. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Berufung beim OLG ein.

Das Urteil Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied zu Gunsten der Klägerin und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Der Klägerin stehe sowohl Schadensersatz als auch Schmerzensgeld zu. Der Beklagte habe den Unfall durch einen erheblichen schuldhaften Verkehrsverstoß verursacht, weil er das für ihn geltende Stopp-Schild missachtet habe. Die Klägerin habe nach Auffassung des Oberlandesgerichts durch die Missachtung der Schilder mit dem Zeichen 250 (Verbot für alle Fahrzeuge) keinen Verkehrsverstoß begangen:

Die in Fahrtrichtung der Klägerin aufgestellten Schilder, die keinen Anlieger-frei-Zusatz enthielten, seien nichtig gewesen, weil die Konsequenz der Beschilderung unsinnig sei. Während die Einfahrt in die durch die Baustelle bedingte Sackgasse erlaubt war, war die Ausfahrt nicht gestattet.

Sämtliche Anlieger wären somit in der Sackgasse gefangen gewesen. Dies habe die Verwaltungsbehörde erkennbar nicht gewollt.

OLG Karlsruhe - Urteil vom 24.06.2015
AZ 9 U 18/14

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