15.07.2017

(2394) Fahrerlaubnisentzug für "Reichsbürger"

© FahrSchulPraxis - veröffentlicht in Ausgabe Juli/2017

Der Fall Ein ,,Reichsbürger" hatte auf seinem Kfz-Kennzeichenschild das Euro-Feld mit einem Muster der ,,Reichsflagge" überklebt. Die Behörde forderte ihn auf, die Reichsflagge zu entfernen und die Kennzeichen vorzulegen oder die Erstellung neuer Kennzeichen zu beantragen. Dem kam der ,,Reichsbürger" nicht nach. Seine Ablehnung begründete er damit, dass er die deutschen Rechtsvorschriften und die Legitimität der staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkenne. Daraufhin wurde ihm der Betrieb des Kraftfahrzeuges untersagt. Die von der Behörde übersandten Bescheide schickte er mit entsprechenden Vermerken zurück. Die Behörde setzte das Fahrzeug außer Betrieb, die Kennzeichen wurden beschlagnahmt. Ähnlich ging der ,,Reichsbürger" mit Bescheiden der Bußgeldbehörde um. Auf Verwarnungen reagierte er nur mit Rückübersendung und entsprechenden Vermerken auf den Briefumschlägen. Auch hagelte es Strafanzeigen gegen Mitarbeiter der Behörde.

Behörde greift durch[-] Mit amtlichem Bescheid forderte die Behörde den ,,Reichsbürger" auf, ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten über seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vorzulegen. In einem der Schreiben des ,,Reichsbürgers" sei unter Aneinanderreihung von Paragrafen und Rechtsprechung eine völlig gestörte Wahrnehmung der Realität erkennbar, sodass ein tatsächlicher Inhalt kaum noch herleitbar sei. Dies offenbare massive Zweifel an der Kraftfahreignung im Sinne einer möglichen Psychose, so die Behörde.

Die mangelnde Grundeinstellung zu den Rechtsvorschriften der Bundesrepublik Deutschland könnte sich auch auf die Fahrerlaubnis auswirken. Der ,,Reichsbürger" kam der Anordnung zur Vorlage des Gutachtens nicht nach. Die Behörde entzog ihm daraufhin die Fahrerlaubnis.

Dagegen wehrte sich der ,,Reichsbürger" mit  Eilantrag beim Verwaltungsgericht Weimar und hatte Erfolg. Die Behörde nahm das nicht hin und zog vor das Oberverwaltungsgericht Thüringen.

Das Urteil des OVG[-] Der Bescheid der Behörde sei zu Recht ergangen, so die Entscheidung des OVG Thüringen. Die Fahrerlaubnisbehörde kann die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Fahrerlaubnisinhaber verlangen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeugs begründen. Solche Bedenken bestehen nach § 46 Absatz 3 i.V.m. § 11 Absatz 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 zur FeV hinweisen. Bei dem abstrusen Staats- und Rechtsverständnis des Antragstellers und dessen nicht nachvollziehbaren Gedankensprünge und einer Vielzahl sprachlicher Unstimmigkeiten können in der Gesamtbetrachtung kognitive Defizite bei dem Antragsteller nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden. Es spricht viel für einen Verdacht, bei dem Antragsteller könnte eine psychische (geistige) Störung nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV, insbesondere in Form einer schizophrenen Psychose nach Nr. 7.6, vorliegen. Im Hinblick darauf, dass der Antragsteller die maßgeblichen verkehrsrechtlichen Regelungen als für ihn nicht verbindlich ansieht und deshalb nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass er in jeder Situation diese Regelungen beim Führen eines Kraftfahrzeugs beachten wird, ist die Befürchtung der Behörde nachvollziehbar, dass sich diese Defizite auch auf das Verhalten des Antragstellers im Straßenverkehr erstrecken können.

OVG Thüringen - Beschluss vom 02.02.2017
AZ 2 EO 887/16

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