15.07.2021

(2509) Vorfahrt gilt für die ganze Breite der Straße

Der Fall   Ein Mann fuhr auf seinem Leichtkraftrad auf eine Rechts-vor-links-Kreuzung zu und wollte dort rechts abbiegen. Ein Autofahrer mit Vorfahrt fuhr teils auf der linken Fahrbahn, um genug Seitenabstand zu parkenden Autos halten zu können. Als der Zweiradfahrer beim Abbiegen das Auto sah, verlor er die Kontrolle, stürzte und stieß mit dem Auto zusammen. Der Motorradfahrer klagte auf 80-prozentigen Schadenersatz in Höhe von 3.120 Euro sowie rund 2.600 Euro Nutzungsausfall.

Vorfahrt gilt für die ganze Straßenseite   Das hatte vor Gericht keinen Erfolg. An der Kreuzung ohne Beschilderung gelte rechts vor links. Nur wenn die vorfahrtberechtigten Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden, dürfe hineingefahren werden. Das Recht der Vorfahrt erstrecke sich auf die gesamte Breite der Straße. Auch sei der Kläger zu schnell in die Kreuzung hineingefahren. Richtig wäre es gewesen, nur mit mäßigem Tempo heranzufahren, um notfalls rechtzeitig stoppen zu können. Aufgrund eines Fahrfehlers oder zu starkem Bremsen verlor er die Kontrolle. Mehr Vorsicht und rechtzeitiges Erkennen des Autos hätte den Zusammenstoß nach Ansicht des Gerichts verhindern können. Der Motorradfahrer trage deshalb die alleinige Haftung.

Kein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot   Der Autofahrer hatte zwar die linke Seite mitbenutzt. Das Gericht erkannte darin aber keinen Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot. Denn dieses schütze den Gegen- und Überholverkehr, nicht aber den einbiegenden oder kreuzenden Querverkehr. Zudem besagt es demnach nur, dass so weit rechts gefahren werden soll, wie es die Gegebenheiten zulassen. Bei einem erforderlichen Seitenabstand, darf auch die linke Hälfte der Fahrbahn mitbenutzt werden.

Landgericht Hechingen
- Urteil vom 11.12.2020 -
Az. 1 O 207/19